anthropomorphe
Zum Problem des Anthropomorphismus in der Religionsphilosophie
34,00 €
Beschreibung
Die Vorlesung setzte auf den Reiz eines damals als ebenso exotisch wie überholt geltenden Stoffs: den der mythologischen Figuren, und wies nach, wie dieser, den es doch zu einem Bundesgenossen des Erkennens zu gewinnen gilt – denn wo, wenn nicht in ihm, wird Gattungsgeschichte mit allen ihren Zweideutigkeiten und Verdrängungsmechanismen offenbar? –, selbst der Zurichtung unterliegt. Die Instanz, die hier ins Spiel kommt: Philosophie, bildet einen der stabilsten Mechanismen aus, die unsere okzidentale Tradition begleiten (ja wohl deren rationale Eigentümlichkeiten erst bedingen) – selbst eine, nun freilich auf Verdrängung aufruhende, Figur: die des transzendentalen Subjekts. So mit einem Kantischen Begriff fixiert, hat es doch eine lange, im Wortsinn ›klassische‹ Vorgeschichte – die Positionen, die in ihr verhandelt werden, sind solche der antiken Religionsphilosophie. Deren Auseinandersetzung mit dem Anthropomorphismus – der menschengestaltigen Erscheinungsform der Götter – setzt an die Stelle des mythologischen System-Subjekts eine andere, wirksamere ›Menschenform‹ (anthropo-morphé), eben die des transzendentalen Aufsichts- und Kontrollorgans. Daß in ihm der philosophische Begriff zugleich zu einem technologisch bestimmbaren Werkzeug wird, Philosophie und Technologie zuletzt ununterscheidbar werden (aber das heißt auch: es von Anfang an sind), ist eine der bitteren Einsichten, die ich damals meinen Hörern vorzustellen suchte; bitter für die Geschichte aufklärerischen Erkennens, das in dem Transzendentalsubjekt seine – entfremdete Arbeit repräsentierende – Begrenzung findet; aber bitter auch für die Studenten: denn deren Aufbegehren wenige Jahre zuvor war inzwischen vielerorts selbst zu einer Theorie und Praxis der transzendentalen Subjekte geworden, die der Verwandlungsmächtigkeit der Existenz, um die es ihnen doch einmal gegangen war, keine Chance mehr gab. In diesen Prozeß korrigierend einzugreifen, war die erklärte Absicht meiner Vorlesung, der weitere mit eben diesem Ziel folgen sollten.
Inhalt
- Anamnetisches Vorwort
- Erste Vorlesung, Zweite Vorlesung, Dritte Vorlesung, Vierte Vorlesung, Fünfte Vorlesung, Sechste Vorlesung, Siebte Vorlesung, Achte Vorlesung, Neunte Vorlesung, Zehnte Vorlesung, Elfte Vorlesung
- Anmerkungen
- Stichwortartige Übersicht
- Editorische Notiz
Pressestimmen
»Das vielleicht eindringlichste Beispiel dafür, wie die Gattungsgeschichte in mythologischen Figuren in all ihren Zweideutigkeiten zunächst offenbar und dann durch die Philosophie zugerichtet wird. Indem Heinrich die Linie von der vorsokratischen Philosophiebis zur Kantischen Transzendentalphilosophie nachzeichnet, gelingt es ihm nachzuweisen, dass die Philosophie auf einem Verdrängungsmechanismus basiert: An die Stelle der menschenartigen Erscheinungsform der Götter setzt sie ein logomorphes Aufsichts-und Kontrollorgan, das im transzendentalen Subjekt seine reinste Ausprägung erlangt.« / literaturkritik.de
»Heinrich kann in anthropomorphe im Detail aufzeigen, wie ein direkter Weg von der vorsokratischen Philosophie eines Xenophanes zur Kritik der reinen Vernunft verläuft und von der ersten Station dieses Weges an der lógos sich ständig der téchne bemächtigte. In spannenden Momentaufnahmen führt er vor, wie aus den ursprünglichen und speziellen Kunstfertigkeiten des antiken Handwerks, das nach dem Modell anthropomorpher Götterbilder funktionierte, die logomorphen Kontroll- und Steuerorgane des Vernunftwesens Mensch erwachsen, das von jeder sinnlichen Sphäre abstrahiert.« / Manfred Bauschulte, Merkur
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