David Hellbrück im Gespräch mit Olaf Kistenmacher über »Gegen den Geist des Sozialismus«
Im Kritiknetz – Zeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft findet sich ein Gespräch zwischen David Hellbrück und Olaf Kistenmacher über dessen jüngst erschienene Studie »Gegen den Geist des Sozialismus«; darin heißt es u.a.:
»Das Buch ›Gegen den Geist des Sozialismus‹. Anarchistische und kommunistische Kritik des Antisemitismus in der KPD zur Zeit der Weimarer Republik habe ich ja gerade geschrieben, um daran zu erinnern, wie Linke in den 1920er und frühen 1930er Jahren versucht haben zu intervenieren, etwas zu verändern, sich zu wehren. Gewehrt hat sich zum Beispiel das spätere KPD-Mitglied Werner Scholem, der 1920, als er noch Mitglied der Unabhängigen SPD war, in einem offenen Brief an die Parteigenossen, die ihn antisemitisch beleidigten, schrieb, sie ›mögen schleunigst aus der USPD aus- und in den Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund eintreten‹. Solche Versuche mögen uns heute illusorisch oder hilflos erscheinen. Aber dadurch werden sie nicht falsch. Für Scholem gab es dazu keine Alternative.
Ich bin mir der Gefahr bewusst, dass mein Buch heute von einer Traditionslinken vereinnahmt werden kann, etwa in dem Sinn, das Problem mit dem Antisemitismus in der Linken könne ja so groß nicht gewesen sein, wenn sich so viele namhafte Personen innerhalb der Linken gegen ihn aussprachen. Ich denke aber, dass ich deutlich genug geschildert habe, dass diese Linken eben nicht die Mehrheit oder die herrschende Position der KPD repräsentierten und dass das Problem mit dem Antisemitismus groß war – trotz Rosa Luxemburgs oder Leo Trotzkis Kritik des Antisemitismus.«