Neues aus der Vorschau: Georg K. Glasers »Geheimnis und Gewalt«
Neues aus der Vorschau:
Georg K. Glaser
Geheimnis und Gewalt
Ein Bericht
Herausgegeben von Michael Rohrwasser
Januar 2022, 592 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-86259-182-4
Georg K. Glaser, ein schreibender Arbeiter, der, wie Franz Jung, aus dem Umfeld der revolutionären Bewegung stammt, stellt sich in seinem Werk dem Ende der Weimarer Republik, dem Aufstieg des Nationalsozialismus und den Gründen für den Untergang der deutschen Arbeiterbewegung.
In seinem großen Bericht »Geheimnis und Gewalt«, einer Mischung aus Autobiographie, Erzählung und Exilliteratur, der 1951 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, setzt Glaser sich im Spiegel seiner eigenen Biographie so aufrichtig wie schonungslos mit der Hoffnung und den Katastrophen des 20. Jahrhunderts auseinander. »Es geht nicht um Fieberkurven, Lebensdaten, die ich aufzeichne, ich habe nicht die Geschichte eines Trampeltiers geschrieben, sondern die der Graugans Martina. Man kann Autobiographie dazu sagen, muss aber bedeuten, was es ist: der sich selbst Beobachtende, aus dem einzigen Grund, weil es der Menschenleib, die Menschengestalt ist, weil man das an sich selbst am besten beobachten kann. Also mit Abstand zu sich selbst, unter Einbeziehung typischer Schicksale. Das ist doch das Wesentliche.«
»Geheimnis und Gewalt« erzählt von der Brutalität der Familie, der Rebellion der Jugend und dem Vagabundenleben, der Züchtigung in den Erziehungsanstalten, den ersten literarischen Versuchen und davon, wie die anfängliche revolutionäre Heilserwartung und der bedingungslose Gehorsam gegenüber den Weisungen der Partei durch den Aufstieg des Nationalsozialismus, die Gewalt der Straßenschlachten, dem Kampf um die Saar und der erzwungenen Emigration im Verlauf der Geschichte mehr und mehr erschüttert wird, um nach der Erfahrung von Krieg und Zwangsarbeit im deutschen Lager einer tiefen Verzweiflung und der endgültigen Abkehr von der Partei zu weichen.
Glasers unversöhnlicher Bericht stellt den Versuch eines Renegaten dar, an der Verständigungskraft der Sprache jenseits der politischen Verführung festzuhalten und zeugt so in einem von den Grenzen der Vereinnahmung durch die Kollektive der 20er und 30er Jahre und der dadurch bedingten Selbstaufgabe wie von der Einsamkeit der Vernunft und der Verlassenheit des Einzelnen.
Der Band wird von Michael Rohrwasser herausgegeben und enthält neben einem editorischen Bericht, ein ausführliches Nachwort des Herausgebers zur Lebens- und Werkgeschichte.