Der StuRa tanzt die Intifada
Wie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts Hamas-Propaganda betreibt

 

»Da müssen wir uns nun fragen: Wie steht nun der Jude zur Staatenbildung? Besitzt auch der Jude die Kraft, Staaten zu bilden usw. [… Dieses] Volk kann [...] nicht staatenbildend sein [...]. Er hatte niemals das, was wir einen Staat bezeichnen. […] Im Übrigen hat der Jude auch damals gelebt in erster Linie als Parasit am Körper anderer Völker und das mußte so sein; […] Der ganze Zionistenstaat soll nichts werden, als die letzte vollendete Hochschule ihrer internationalen Lumpereien und von dort aus soll alles dirigiert werden [...]. Dieses Hineindrängen und Pressen in andere Rassen hat der Jude durch Jahrtausende vollführt, und wir wissen genau, daß stets dann, wenn er irgendwo längere Zeit hauste, die Spur des Zusammenbruchs sich bemerkbar machte und daß den Völkern schließlich nichts übrig blieb, als sich von dem unerwünschten Gaste zu befreien oder selber zu Grunde zu gehen. Wenn wir Sozialisten sind, dann müssen wir unbedingt Antisemiten sein, dann ist das konträre Gegenteil der Materialismus und Mammonismus, den wir bekämpfen wollen.«

Adolf Hitler: Warum wir Antisemiten sind, 1920

 

»Es wird viel nach dem Existenzrecht Israels gefragt. Und wir können ganz klar mit Nein darauf antworten. Die Siedler*innen, die heute auf besetztem Boden hausen, sind jüdische Menschen aus vielen Völkern, die aber keine eigene Nation begründen. Das Bild einer israelischen Nation ist künstlich hergestellt.«

Rede einer Aktivistin während der ersten ›pro-palästinensischen‹ Hörsaalbesetzung in Deutschland an der FU Berlin, Dezember 2023 (1)

 

Das antisemitische Massaker der Hamas und anderer palästinensischer Gruppen und Einzelpersonen vom 7. Oktober 2023 hat Massenproteste ausgelöst, und zwar nicht etwa gegen Übergriffe auf Jüdinnen und Juden, die auch hierzulande massiv zugenommen haben, sondern in kaum verborgener, wenn nicht offener Sympathie für die Gewalttaten, die als antikoloniale Befreiungstat verherrlicht werden. Wiedererstanden ist eine manichäische und autoritäre Bewegung, die zwar »propalästinensisch« genannt wird, deren Reden, Parolen und Proklamationen aber ausschließlich darauf hinauslaufen, den einzigen jüdischen Staat delegitimieren und als solchen zerstören zu wollen. In typisch deutscher Tradition nach dem akademischen Judenhass im 19. Jahrhundert, der vorauseilenden ›Entjudung der deutschen Universitäten‹ im Nationalsozialismus und der israelfeindlichen Agitation der Studentenbewegung der 60er Jahre stehen die akademischen Institutionen nun zum wiederholten Mal in der deutschen Geschichte im Zentrum des modernen Antisemitismus.

Über hundert Jahre nach Hitlers grundlegender Rede über den Antisemitismus sind sich linke Aktivisten heute mit dem Führer einig, dass Juden, wo auch immer sie leben mögen, eben nicht wohnen oder leben, sondern hausen, das heißt, da sie zum Staat bzw. zur Nation unfähig seien, gar nicht anders denn illegitim existieren können. Was den Hass der Antisemiten reizt, ist die schiere Existenz der Juden. Daher wird auch allein für den Staat der Juden – und für keinen anderen sonst – die Frage nach dem Existenzrecht gestellt. Es ist allein der Staat Israel und sein Militär, die seit dem letzten Versuch der Antisemiten, die »Völker« von »dem unerwünschten Gaste zu befreien«, also der Shoah sowie der Vertreibung der Juden aus den arabischen Staaten, für die Verteidigung der Juden weltweit einstehen. Selbst noch bei denen, die Israel generös ein Existenzrecht zugestehen, drückt dies offenkundig den Unwillen aus, zu akzeptieren, dass Israel selbst darüber bestimmt, was zu ihrer Sicherheit notwendig ist.

Die Antisemiten hören nicht auf, ihren projektiven Hass zu rationalisieren. Während die Nationalsozialisten neben ihrem Wahn einer übermächtigen heimlichen jüdischen Weltverschwörung auch große Anstrengungen unternahmen, Juden zugleich als rassisch minderwertig zu denunzieren und wahlweise dem slawischen, teils auch afrikanischen ›Untermenschentum‹ zuzurechnen, halluzinieren die heutigen Antizionisten den Staat der Juden als ›weißes‹ Siedlerprojekt. Nach dem Ende der real existierenden Kolonialstaaten soll also ausgerechnet der jüdische Staat die letzte Kolonie, also der letzte »Parasit am Körper anderer Völker« (Hitler) sein. Während der Antizionismus Hitlers sich in der Antinomie hin- und herbewegt, dass die Juden einerseits gar nicht fähig seien, einen Staat zu bilden, andererseits vom »Zionistenstaat« die Gefahr drohe, »alles dirigiert« und die Welt beherrscht zu werden, pendelt der aktuelle Antizionismus von links zwischen der postmodernen Neuauflage der völkischen Lehre, dass »jüdische Menschen aus vielen Völkern (…) keine eigene Nation begründen« könnten und dem ebenso postmodernen abstrakten Universalismus einer Judith Butler, die Israel gerade im Gegenteil vorwirft, als angeblich letzter Staat der Welt noch an partikularen Ideen von Staat und Nation festzuhalten.

Ungeachtet widersprüchlicher Rationalisierungen eint man sich in der Feindschaft gegen Israel, laufen Linke auf Demos dem Islamisten-Block hinterher, der wie die Mörder des 7. Oktobers Allah’u’Akbar brüllt. Völlig begriffslos, denn Geschichte, Strukturen, Wirtschaft, Interessen und Widersprüche kommen in der schematisierten Weltsicht gar nicht mehr vor. Stattdessen herrschen mediale Erregung, Selbstgerechtigkeit, Selbstviktimisierung und Destruktionslust, die in der regressiv-völkischen Utopie eines judenfreien Palästinas ›from the river to sea‹ münden.

Wer heute ›free palestine‹ ruft, zielt auf die Entstehung eines islamistischen Palästinas anstelle des jüdischen Staates. Nach dem Scheitern der antikolonialen Freiheitsbewegungen, die samt und sonders autoritäre Staaten oder mafiöse Rackets hervorbrachten, vereint sich im Djihadismus die antiliberale Rhetorik der Faschisten mit dem Antiimperialismus der radikalen Linken.

So links, antikapitalistisch und queerfreundlich sich die Palästinabewegung in den USA, Kanada und Europa an der Oberfläche gibt und damit reichlich Bündnispartner findet: Sie tanzt zur Melodie des Islamismus, der vor allem von Katar und Iran staatlich organisiert und materiell gefördert wird. ›Palestine will set us free‹, so lautet die aktuelle Variante des Erlösungsantisemitismus autoritär-völkischer Sehnsüchte. Über den deutschen Pöbel, der auf Sylt ›Deutschland den Deutschen‹ grölt, rümpft man die Nase, während man mit der Forderung nach ›Palästina den Palästinensern‹ demselben, nur antiimperialistisch aufgemöbelten und antisemitisch zugespitzten Ethnopluralismus frönt. Man ergötzt sich an der Vorstellung einer Vertreibung der Juden aus Israel, denn mit Islamisten und Faschisten ist man sich in der Parole ›Juden raus!‹ einig.

 

Freiburger Zustände

Obwohl diese Bewegung zahlenmäßig klein ist, war sie doch erschreckend erfolgreich. Sie verhinderte Lesungen jüdischer Autorinnen, machte Universitäten in Europa und den USA zu Orten, die jüdische Studenten nicht mehr in der Gewissheit aufsuchen können, sie auch körperlich unversehrt wieder zu verlassen. Längst wird vielerorts nicht mehr nur ernsthaft diskutiert, Wissenschaftler allein deswegen nicht einzuladen, weil sie israelische Staatsbürger sind:  Das Trinity-College in Dublin hat bereits israelische Stipendien gekündigt und boykottiert israelische Forscher. Möglich ist dieser anhaltende Erfolg, weil diese autoritäre Bewegung gerade vom akademisch-linksliberalen Milieu keinen Widerspruch zu fürchten hat, wo sie nicht ohnehin aufgrund der Dominanz der Postcolonial Studies offene Türen einrennt.

So beschloss der Studierendenrat der Universität Freiburg (StuRa) am 23. Juli 2024 einen bereits vereinbarten und vom Referat gegen Antisemitismus organisierten Vortrag von Ingo Elbe zu seinem Buch Postkoloniale Theorie und Antisemitismus an der Universität zu verhindern. Elbes Buch leistet eine umfangreiche Kritik der theoretischen Grundlagen des Postkolonialismus, auf dessen Schlagworte und Stichwortgeber sich auch die Palästina-Aktivisten beziehen. In der Begründung des StuRas zu der Absage des Vortrags heißt es, dass Elbes »rassistische und faschistische Positionen … an der Universität Freiburg keinen Raum finden« sollten. Sein Buch »diffamiere (…) die wissenschaftliche Disziplin des Postkolonialismus«, Elbe verstehe »die Nakba als ›selbstverschuldete Katastrophe‹«, setze »Kritik Israels mit Antisemitismus gleich« und bezeichne »die palästinensische Bevölkerung als ›jahrelang antisemitisch verhetzt‹ sowie die zivile Bevölkerung als Schuld an der ›Schutzlosstellung der Juden‹[sic!]«. Der vom StuRa angenommene Antrag endet mit den Worten: »Nicht zuletzt wurde Ingo Elbe von der AfD in einem ihrer jüngsten Anträge im Bundestag zitiert.« (2)

Der Beschluss – 8 Stimmen für den Antrag bei vier Gegenstimmen und 12 Enthaltungen – zeigt das »Elend des Studentenmilieus« (Guy Debord) in Reinform. Elbe wird allein deswegen Nähe zur AfD unterstellt, weil deren Bundestagsfraktion in einem Antrag neben zahlreichen bürgerlichen Zeitungen das Wort »Siedlerkolonialisten« aus einem online zugänglichen Text Elbes zitiert. (3) Wie nahe die autoritäre Palästinabewegung mit Parolen wie »free palestine from german guilt« selbst gerade der völkischen AfD und ihrer revisionistischen Ideologie vom »Schuldkult« steht, fällt dem StuRa dabei nicht auf.

Dass Elbes Auseinandersetzung mit der Postkolonialen Theorie als Diffamierung bezeichnet wird und er selbst als rassistisch und faschistisch diffamiert wird, zeigt die Haltung eines Milieus, das das eigene Denken zu sich immer wiederholenden Schlagwörtern verkommen lässt, die jegliche Kritik aggressiv abwehrt. So muss verflucht werden, wer wie Elbe der Frage nachgeht, wie es sein kann, dass eine Theorie, die sich als emanzipatorisch versteht, Antisemitismus und Antizionismus zum Kern ihres politischen Programms gemacht hat. Die Bezeichnung der Nakba als »selbstverschuldete Katastrophe« ist ein Zitat des israelischen Historikers Efraim Karsh, der angesichts der Kriegserklärung der arabischen Staaten gegen Israel 1948 darauf hinweist, dass ein palästinensischer Staat längst hätte existieren können, wenn es statt zur Kriegserklärung zur von der UNO verabschiedeten Zwei-Staaten-Lösung gekommen wäre. Nicht zufällig ist die Vorgeschichte des ersten israelisch-arabischen Krieges 1948 Anathema der Szene, würde eine Beschäftigung damit doch die fetischisierte Opfererzählung der Nakba infrage stellen und den Antisemitismus auch in den arabischen Gesellschaften aufzeigen, mit dem Juden lange vor 1948 konfrontiert waren und der im Kriegsziel der arabischen Armeen gipfelte, endlich ›die Juden ins Meer‹ treiben zu können.

Dass die palästinensische Bevölkerung insbesondere von der Propaganda der Hamas, aber auch von der PLO in der Tradition des islamischen Antisemitismus »verhetzt« wurde und wird, kann nur leugnen, wer in der permanenten Hetze gegen Juden als ›Abkömmlinge von Affen und Schweinen‹, in der Verharmlosung oder Leugnung der Shoa, in Legenden von angeblichen Ritualmorden oder Brunnenvergiftungen sowie in Aufrufen zur Vernichtung der Juden keinen Antisemitismus erkennen will. All das findet sich zuhauf in palästinensischen Schulbüchern, in öffentlichen Radio- und Fernsehsendungen und Zeitungen.

Die Rede vom Faschismus wird allein dazu benutzt, diejenigen zu verleumden, die Postkoloniale Theorie nicht kritiklos übernehmen. Dabei huldigen die Studenten selbst einer autoritären und antisemitischen Massenbewegung, die wie Hamas, Hisbollah oder die Houthi-Bewegung eine faschistische Form der Vergesellschaftung repräsentiert. Hier handelt es sich um Banden, die nicht allein faschistisch sind, sondern deren antisemitischer Vernichtungswille mit einer Verherrlichung des Märtyrertodes einhergeht und die auch den Palästinensern, Libanesen und Jemeniten unter ihrer Herrschaft nichts anderes anzubieten haben als permanenten Krieg (ohne den sie keinerlei Legitimation mehr hätten), Elend und Märtyrertod im wahnhaften Kampf gegen die Juden. Diese Gruppen zielen nicht auf die Etablierung souveräner Staatlichkeit, unter der sich einigermaßen leben ließe, sondern, wie es die Hamas im Gaza-Streifen vorgemacht hat, auf die Durchsetzung einer totalitären Racketgesellschaft, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens kontrolliert und individuelle Freiheitsrechte ebenso wenig kennt wie eine freie politische Öffentlichkeit.

 

Instrumentalisierung des Rassismusvorwurfs

Der Vorwurf des Rassismus spielt für die Bestrebungen des StuRa, die Veranstaltung in der Universität zu verhindern, die zentrale Rolle. In diesem Sinne wurden zuvor bereits zwei weitere StuRa-Beschlüsse gefasst: einer, in dem der StuRa einem Antrag der students for palestine zustimmte, »jeden anti-Palästinensischen Rassismus zu verurteilen« (4) und einen zweiten, mit dem eine Reihe älterer Texte des Referats gegen Antisemitismus unter Verweis eben auf jenen »anti-palästinensischen Rassismus« von der Homepage des StuRa genommen wurde. Was der StuRa der Uni Freiburg als »anti-palästinensischen Rassismus« verdammt, ist sowohl jegliche Kritik an palästinensischen Organisationen wie der Hamas als auch die Verteidigung der Legitimität des jüdischen Staates.

Der StuRa fasst die »Leugnung der Siedlerkolonialisierung Palästinas« als »geschichtsrevisionistische Leugnung palästinensischer Kultur und Geschichte« und damit als »anti-palästinensischen Rassismus« auf. Dabei geht es nicht um israelische Siedlungen im Westjordanland, sondern um die Denunziation des gesamten jüdischen Staates an sich als »Siedlerkolonialismus«.

Analytisch ist die Bezeichnung Israels als »Kolonie« völliger Unsinn. Israel ist keine Kolonie und hatte niemals welche und daher auch keine Gebiete, in denen durch Ausbeutung der lokalen Bevölkerung Rohstoffe und Arbeitskraft für die eigene Binnenökonomie bereitgestellt werden. Israel ist ein souveräner Nationalstaat, es gibt kein Mutterland, aus dem Befehle und Truppen oder in das Güter transferiert werden, geschweige denn, in das Israelis zurückkehren könnten. Seit über 3000 Jahren leben Juden auf dem Gebiet des heutigen Israel; es wäre die gleiche absurde Logik, muslimische Araber, die sich unter der Kolonialisierung durch das osmanische Reich ansiedelten, und ihre Nachfahren als »Siedlerkolonialisten« zu bezeichnen. Tatsächlich ging der Entstehung Israels ein antikolonialer Befreiungskampf gegen die britische Mandatsmacht voraus und noch in den 1950ern war die Gründung Israels Vorbild für andere antikoloniale Befreiungsbewegungen in Afrika.

Israelis als »Siedlerkolonialisten« zu beschimpfen zielt nicht allein auf die Delegitimierung des jüdischen Staates. Indem Israelis zur jüdischen Variante der französischen pieds noirs erklärt werden, wird hier vom StuRa implizit der Vertreibung von sieben Millionen Juden das Wort geredet. Beim StuRa handelt es sich wohlgemerkt um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, in der sowohl die Fachbereiche der Studienfächer als auch die Hochschulgruppen der Parteien vertreten sind und die dazu da ist, die Interessen und Belange aller Studierenden zu vertreten.

In einer grammatikalisch sehr deutschen Nominalkonstruktion wird die »Verurteilung der Unterstützung des Rechts der PalästinenserInnen auf Widerstand« als weitere Manifestation »anti-palästinensischen Rassismus« denunziert. Rassistisch sei demnach etwa, dass »jegliche Form von Unterstützung und Befürwortung des Rechts der unterdrückten PalästinenserInnen auf Widerstand gegen die Gewalt der israelischen Besatzung assoziativ als Terrorverherrlichung oder Antisemitismus abgetan wird«. Da hier allerdings keine Kriterien angeführt werden, wie sich das beschworene Recht auf Widerstand von Terrorismus und Antisemitismus abgrenzen ließe, kann das nur bedeuten, dass für den StuRa nicht nur jeder Terrorangriff palästinensischer Organisationen per se unter das »Recht der unterdrückten PalästinenserInnen auf Widerstand« fällt, sondern dass selbst schon die leiseste Kritik daran rassistisch ist. Folgerichtig wird auch die »Forderung, sich von Terrorismus zu distanzieren« sowie »das Ausschließen oder Diffamieren derjenigen, die legitime palästinensische Bewegungen oder Organisationen unterstützen«, womit eigentlich nur die Hamas gemeint sein kann, als rassistisch bezeichnet.

Was aber macht denn eine Bewegung oder Organisation zu einer legitimen? Wahlen fanden zuletzt 2006 statt, also lange bevor ein Großteil der relativ jungen palästinensischen Bevölkerung sich daran hätte beteiligen können. Die mächtigen, real existierenden palästinensischen Bewegungen und Organisationen von Hamas und PLO legitimieren sich nach innen in erster Linie durch Gewalt gegen dissidente Palästinenser. So sind sowohl im Gazastreifen unter der Hamas als auch im Westjordanland unter der PLO willkürliche Verhaftungen, politische Morde und Folter politischer Gegner an der Tagesordnung. PLO und Hamas bestimmen nach Kriterien der Loyalität und Familienzugehörigkeit über die Verteilung der Hilfsgüter, ohne die kaum jemand dort überleben kann. Während die Führung der PLO vor allem die Taschen ihrer Familienmitglieder mit westlichen Hilfsgeldern füllt und auf ihre islamistischen Gegner angewiesen ist, um im Westen als kleineres Übel zu gelten, hat die Hamas der Bevölkerung nichts anderes als permanenten Krieg gegen Israel, Märtyrertum und wachsendes Elend zu bieten. Katar und Iran haben mit ihrer massiven materiellen Unterstützung dafür gesorgt, dass die Hamas im Gazastreifen regiert und auch im Westjordanland immer stärker wird; um gewaltsam dafür zu sorgen, dass es im Gazastreifen keine nennenswerte Opposition geben kann und der Krieg gegen Israel niemals enden darf.

Vor dem aktuellen Krieg waren im Gazastreifen Ehrenmorde sowie Diskriminierung und Morde an schwulen Männern Alltag. Ebenso gelten Frauen, die sich der Verfügung ihres Mannes oder Vaters zu entziehen suchen, als existenzielle Bedrohung einer letztlich auf Vernichtung und Selbstvernichtung ausgerichteten Geschlechterordnung. Dieser Hass ist der antisemitischen Vernichtungswut nicht akzidentell, sondern gehört zum Wesen dieser für den Freiburger StuRa »legitimen palästinensischen Bewegung und Organisation«. So werden die Kinder Gazas dazu erzogen, dass das größte Heil im Märtyrertod im Krieg gegen die Juden liegt und die Mädchen zum Gebären künftiger Märtyrer. Während der von Iran und Katar finanzierte und von der Hamas ausgeübte permanente Krieg gegen Israel zur Blockade Gazas und immer größerem wirtschaftlichem Elend der Palästinenser führte, wird jeder, der außerhalb der islamistischen Bewegung sein privates Glück sucht, drakonisch bestraft. Schwule Männer gelten als existenzielle Bedrohung einer gewaltvollen Männerhorde, die einzig im antisemitischen Mord und Märtyrertod Erlösung verspricht. Wenn heute irgendwelche westlichen queers for palestine behaupten, erst wenn Palästina ›frei‹, also Israel zerstört sei, würden auch queere Palästinenser frei sein, dann bedeutet die ›Freiheit‹, die sie meinen, nichts anderes als den Tod palästinensischer Queers.

Es ist schon bemerkenswert, dass eine antisemitische, homophobe und misogyne Organisation wie die Hamas – so viel dazu, was hierzulande »propalästinensisch« heißt –, vom Freiburger StuRa nicht nur zur »legitimen palästinensischen Organisation« geadelt, sondern mit dem offenkundig instrumentellen Vorwurf des Rassismus gegen jegliche Kritik immunisiert wird. Wenn der StuRa erklärtermaßen verhindern will, dass es zum »Ausschließen oder Diffamieren« von Hamas-Unterstützern kommt, schließt er damit diejenigen Palästinenser aus und diffamiert die vor der Hamas Geflohenen, im Westen im Exil Lebenden, die sich einen dauerhaften Frieden mit Israel wünschen.

Dem sehr deutschen StuRa der Universität Freiburg, der im Namen der gesamten Studentenschaft spricht, gilt jegliche Kritik an der Hamas oder an anderen palästinensischen Organisationen pauschal als rassistisch, während jegliche Gewalt gegen Juden oder Israelis als »Widerstand« gegen »Siedlerkolonialisten« in der Manier des antizionistischen Postkolonialismus legitimiert und Kritik daran als rassistisch denunziert wird. Die Freiburger Studentenschaft sollte sich überlegen, ob die antisemitischen Beschlüsse des StuRa auch in ihrem Namen erfolgen.

 

Anmerkungen:

 

(1) »Woher kommt der Judenhass« (RBB). Abrufbar unter: www.youtube.com/watch?v=xo3PNhOpZgs

(2) www.stura.uni-freiburg.de/gremien/studierendenrat/protokolle/Sommersemester%202024/sitzungsunter
lagen%202307/protokoll/at_download/file

(3) Vgl. www.dserver.bundestag.de/btd/20/120/2012091.pdf

(4) Dieses und alle weiteren Zitate sind auffindbar unter:
www.stura.uni-freiburg.de/gremien/studierendenrat/protokolle/Sommersemester%202024/sitzungsunter
lagen%200705/mit-protokoll/at_download/file