Initiative Sozialistisches Forum – Frei Haus

Initiative Sozialistisches Forum

Frei Haus

1968 ist definitiv vorbei, der emanzipatorisch Impuls der Studentenbewegung hat sich totgelaufen. Seine Zerfallsprodukte – Spontaneismus uns Maoismus – haben sich, gerechterweise, blamiert, aber nur zugunsten eines neudeutsch fröhlichen Pragmatismus, der die Blamage selber ist. Überall protestiert es, kämpft es für den Frieden, kämpft nicht gegen Krieg, macht in grüner Realpolitik, zeugt Kinder, findet Alltagsökologie ganz prima, engagiert sich für die wattierte Apokalypse und fühlt sich überhaupt überaus lebendig – zu Protest wird verarbeitet, was gerade auf den Tisch kommt. Hauptsache, der Gefühlshaushalt stimmt. Das Menetekel dieser vergnügten Eiszeit sind die Gefangenen von Stammheim.

Außer dem Kampf gegen die Fünf-Prozent-Klausel gingen alle Kämpfe, bei denen wesentliches auf dem Spiel stand, verloren, schließlich gar das Gefühl des Verlusts: Die Protestkonjunktur der 80er Jahre knüpft bruchlos an die Idiotien der Friedensbewegung der 50er Jahre an, die Sozialdemokratie benimmt sich wie eine Als-ob-Regierung, und die ganze alte Scheiße, die aufzuhören hat, verspricht, sich zu wiederholen. Die Veranstaltungen des jour fixe wollen eine Wunde aufhalten, eine Wunde, die humaner ist als das ganze Gerede vom ‘ganzheitlichen’ Menschen, mit dem Realpolitik dessen Bedürfnisse zwar zum Ausdruck, aber um ihr Recht bringt.

Der jour fixe knüpft an die Praxis der ‘Republikanischen Clubs’ der frühen 60er Jahre an, die versuchten, marxistische Theorie unter den Bedingungen ideologischer und politischer Restauration nicht nur zu retten, sondern zur Praxis tauglich zu machen. In einer Zeit geistloser Zustände gilt es, den Rätekommunismus zumindest im Reich des Gedankens zu behaupten.

Das Programm des jour fixe ist wesentlich kritisch. Die Kritik ist nicht die Praxis, sondern hat die Aufgabe, den Pragmatikern das Handwerk zu legen, damit emanzipatorische Praxis erneut möglich wird. Die Kritik ist nicht der Bundestag. Sie kennt kein konstruktives Mißtrauensvotum, weil ihr Ziel nicht ein besserer, sondern gar kein Kanzler ist. Der jour fixe versucht zugleich, die Wissenschaft als politische vor der Universität zu retten. Er dient daher auch der Veröffentlichung materialistisch orientierter Wissenschaftspraxis.

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