Karl Friedrich Schinkel / Albert Speer
Dahlemer Vorlesungen: Zum Verhältnis von ästhetischem und transzendentalem Subjekt
37,00 €
Beschreibung
In Kooperation mit der Architekturzeitschrift ARCH+.
Architektur ist für mich sozusagen die leibhaftige Verkörperung der Gattungsgeschichte. Gattungsgeschichtlich sind wir den Höhlen entstiegen, einmal draußen bauen wir uns Höhlen ins Licht. Seit Jahrzehnten definiere ich Architektur als Höhlen ins Licht gebaut. Es kommt dann auf den Unterschied an: Ist es mehr Höhle oder ist es mehr Licht — das Licht von außen, das den Bau erstrahlen lässt oder das Licht von innen, das ihn durchflutet? — Schon als kindliches Wesen von fünf oder sechs Jahren wird einem schnell klar, dass man eigentlich immer neue Höhlen betritt, egal wie unterschiedlich die Häuser oder Wohnungen auch sind, die man betritt. Und man ist ja als Kind sehr begierig, Höhlen zu bauen, in Höhlen hinein zu kriechen und aus Höhlen wieder herauszukriechen. Dies macht klar, dass jeder Bau einen Körper und Architektur etwas Leibhaftiges ist. Angesichts dessen steht alles Gebaute auch unter der Spannung, die alles Leibhaftige ergreift, nämlich unter der Geschlechterspannung.
Über Jahrhunderte hinweg hat man sich gefragt, was hält den Bau zusammen: Ist es das Gerüst? Oder ist es die Fassade? Bei der Casa del Fascio von Giuseppe Terragni in Como, dem Bezugspunkt des italienischen Razionalismo, gibt es keinen Unterschied mehr zwischen Gerüst und Fassade. Bei der Casa del Fascio ist das Gerüst die Fassade, die Fassade das Gerüst. Damit ist der Architektur auf einen Schlag das Problem der Geschlechterspannung ausgetrieben. Und diese Position ist eigentlich das, was sich im Neorationalismus überall durchgesetzt hat.
Inhalt
- Klaus Heinrich im Gespräch mit Nikolaus Kuhnert und Anh-Linh Ngo: »Der Architektur ein Bewusstsein ihrer selbst zu geben«
- Editorische Notiz
- Collage: Neoklassizistische Tendenzen im 20. Jahrhundert
- Schinkel (SoSe 1978)
- 1. Willfährigkeit des Klassizismus?
- 2. Karl Friedrich Schinkel und Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff
- 3. Der Repräsentationsbegriff im Barock und im Klassizismus
- 4. Das klassizistische Berlin Karl Friedrich Schinkels
- 5. Die bürgerliche Sphäre des Klassizismus
- 6. Französische Revolutionsarchitektur I
- 7. Französische Revolutionsarchitektur II
- 8. Zum Verhältnis von Natur und Gattung im Klassizismus
- Speer (WS 1979/80)
- 9. Die Bewegungsformen des ästhetischen Subjekts: Wandeln — Wandern — Marschieren
- 10. Die Bewegung
- 11. Die Lagerrealität im NS
- 12. Die Totalveranstaltung des politischen Subjekts im NS
- Personenverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
Pressestimmen
»Wie liegen hier die Verhältnisse, was hat das eine mit dem anderen zu tun? Welche Wege, Trampelpfade und Sackgassen führen von Schinkel zu Speer?
Solche Fragen werden gern beiseitegeschoben. Man verweist entweder auf humanistische Äußerungen Schinkels, auf seine menschenfreundlicheren Proportionen oder auf beides. Und siehe da, gut und böse sind wieder säuberlich geschieden. Dass es auch in diesem Fall produktiver ist, Spannungen nachdenkend auszuhalten, beweisen die Architekturvorlesungen, die der Religionswissenschaftler Klaus Heinrich Ende der Siebzigerjahre hielt. Die Arbeitshypothese ist eine wirklich unangenehme: Die Veranstaltungssphäre, ›in der das NS-spezifische Leben dargestellt wird‹, man denke an das Parteitagsgelände in Nürnberg oder die Pläne für ein zur Reichshauptstadt Germania verunstaltetes Berlin, sehe aus wie die Einlösung der ›Veranstaltungsutopie des Feste feiernden Klassizismus‹. Heinrich beschreibt nicht lediglich die NS-Architektur als einen spezifischen Klassizismus, er will zugleich und vor allem wissen, woher die Willfährigkeit der klassizistischen Architektur bei dieser Indienstnahme rührt.« / Süddeutsche Zeitung
»Die Architekturvorlesungen müssen ausgedehnte Lichtbildervorträge gewesen sein, denkwandeln mit Dias. Im Buch kann man dies auf beglückende Art nacherleben; nicht nur sind zahlreiche, oft wenig gezeigte Abbildungen zusammengetragen worden. Wann immer es Rückbezüge oder Vorausdeutungen gibt, sorgen kleine Bildchen im Text und ein einfaches Verweissystem dafür, dass man hier sein Sehen schulen, anschaulich mitdenken kann.« / Süddeutsche Zeitung
Rezensionen
- Martin Mettin: Rezension (humanismus aktuell, 6. Mai 2021)
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