psychoanalyse sigmund freuds
und das Problem des konkreten gesellschaftlichen Allgemeinen
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Beschreibung
Nachrichten aus einer anderen Welt – das war mein erster Eindruck, als diese Vorlesung, fertig gesetzt, zur Zeremonie des Wiedererkennens vor mir lag. Das ›konkrete gesellschaftliche Allgemeine‹ – wer würde es heute, wo wir es dank Aufhebung der Kluft zwischen virtuell und real, nach Wegfall der Blockaden von Raum und Zeit, mit Händen zu greifen meinen, noch so benennen? Wer auch nur nach ihm fragen, nachdem die Religion des Marktes es, samt den seine Ankunft beglaubigenden Emotionen, sakramental zu verbürgen scheint? Aber dann wendete sich das Blatt. Nichts war vergangen. Die Fragen, vor 25 Jahren gestellt, mochten verschüttet sein, aber sie waren darum nicht weniger aktuell.
Der Begriff des ›konkreten gesellschaftlichen Allgemeinen‹, vom Herausgeber mit Recht in den Titel dieser Vorlesung gesetzt, die Sozialwissenschaftler und Philosophen in ›Grundbegriffe der Psychoanalyse Sigmund Freuds‹ einführen sollte, war nicht nur der materiale Existenzbegriff, den ich den abstrakten Zwängen entgegenhielt, sondern bezeichnete die Utopie, die ich den Sozialwissenschaften zurückgewinnen wollte. Mit dem Begriff des konkreten gesellschaftlichen Allgemeinen suchte ich an der materialen Reflexion in der Psychoanalyse Freuds ebenso wie an der in Marx’ Kritik der politischen Ökonomie festzuhalten. Ich warb darum – und diese Werbung ist heute aktueller denn je –, den Reflexionsanspruch, der beiden gemeinsam ist, nicht preiszugeben. Das tertium der Reflexion hier wie dort ist Opferlogik, sie ist so alt wie die Gattung selbst – das aus der Psychoanalyse Sigmund Freuds zu lernen, befähigt zu Kritik an vorschneller Instrumentalisierung der Marxschen Theorie (als sei mit der Beseitigung des kapitalistischen Krebsgeschwürs die Opferlogik außer Kraft gesetzt) und Ausmalung der aus ihr ableitbaren Utopien (als sei ein neuer opferfreier Ursprung in der Zukunft ansiedelbar). Wie die Opfergesellschaft in eine der opferfreien Bündnisse verwandelt werden kann, muß als die emanzipatorische Grundfrage der Religionswissenschaft verstanden werden.
Inhalt
- Anamnetisches Vorwort
- Erste Vorlesung, Zweite Vorlesung, Dritte Vorlesung, Vierte Vorlesung, Fünfte Vorlesung, Sechste Vorlesung, Siebte Vorlesung, Achte Vorlesung, Neunte Vorlesung, Zehnte Vorlesung, Elfte Vorlesung, Zwölfte Vorlesung
- Anmerkungen
- Stichwortartige Übersicht
- Editorische Notiz
Pressestimmen
»Die jetzt in der Reihe der Dahlemer Vorlesungen von Hans-Albrecht Kücken – wie immer umsichtig und akribisch – herausgegebene ›Psychoanalyse‹ benennt schon in ihrem vollständigen Titel deutlich, worum es Klaus Heinrich geht: Vom ›Problem des konkreten gesellschaftlichen Allgemeinen‹ zu handeln war vor fünfundzwanzig Jahren ein großes Plädoyer dafür, daß man Sozialwissenschaften ohne Psychoanalyse nicht zureichend betreiben könne. Diese These traf ins Zentrum der Erregungen einer enttäuschten Studentenbewegung.« / Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Am Gegenstand der Psychoanalyse entfaltet Heinrich in psychoanalyse sigmund freuds idiosynkratisch auch eine Grundkonstellation seines eigenen religionswissenschaftlichen Fragens, das ständig eine Brücke zwischen individuellen Schicksalen und zivilisatorischen Prozessen zu schlagen versucht … In einer solchen materialisierten Fragestellung arbeitet Heinrich die Grundbegriffe der Psychoanalyse als Prüfsteine der Geistes- und Sozialwissenschaften heraus und erkennt das Problem aufklärerischer Wissenschaften darin, wie es möglich ist, ›Abhängigkeiten zu brechen, die als solche gar nicht mehr behaftbar zu sein scheinen …, weil sie ‘internalisiert’ worden sind und weil diese Internalisierung durch Formen traditionellen Selbstverständnisses … geradezu verfestigt worden sind‹. Als wiederkehrenden Topos umkreist Heinrich in all seinen Vorlesungen folgerichtig die Möglichkeiten einer verdrängungsfreien Wissenschaft.« / Manfred Bauschulte, Merkur
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