Uwe Jungfer – Deutsche Satiren. Longdrink für den Blitzkrieg * Rezension von Deutschmann, Hitler on the Rocks
Uwe Jungfer
Deutsche Satiren. Longdrink für den Blitzkrieg
Matthias Deutschmann, Kabarettist, bekannt zuletzt durch die Teilnahme am “Grünen Winterzauber”, der Wahlkampfrevue der Grünen im Winter 1986, legte unlängst in einem Freiburger Kleinverlag einen Querschnitt aus seinen bisherigen Programmen vor. Deutschmann, der ohne Zögern Husch, Hildebrandt und Neuss als seine Lehrmeister nennt, gehört zu jenen Kabarettisten, die eher ein Geheimtip sind, als durch Funk und Fernsehen bekannt.
Die bundesdeutsche Vergangenheit und Gegenwart und die Linke von 1968 über Stammheim bis hin zur Friedensbewegung stehen immer wieder im Mittelpunkt des Programms und der Kritik Deutschmanns. In seinen “deutschen Etüden”, so der Untertitel seines Buches, wird diese Kritik veranschaulicht durch die Zeichnungen einer Ratte mit roten Boxhandschuhen. Die Faustschläge treffen die herrschende Politik (“Der Hamburger Kessel, das war Dachau mobil für 15 Stunden pauschal.”) als auch die grün-alternative Bewegung (“Umweltschutz ist Heimatschutz und Heimatschutz ist Vorneverteidigung.”). Selbstkritisch und nostalgisch bekennt er sich zur Revolution (“Ich und meine Bücherwand – zusammen sind wir unschlagbar!”).
Schon der Titel “Hitler on the rocks” verdutzt den Leser. Nach dem Lesen des ersten Beitrages weiß man allerdings bescheid! “Das nächste Jahrhundert verwechselt Stalingrad mit Waterloo und hält Hitler für Napoleon, den es heute schon als Longdrink gibt. Hitler on the rocks? Der Longdrink für den Blitzkrieg der Sterne? Oder einfach: Das Cuba libre der NATO?”
Mögen die Faustschläge zum Teil auch recht unkontrolliert und deplaciert sein, das Lachen bleibt einem dennoch im Halse stecken. Die Schläge haben gesessen nach der kurzweiligen Lektüre. Der ça-ira-Verlag, der der “Förderung an der Kritischen Theorie orientierter Aufklärung” dienen will, bietet auch eine limitierte Vorzugsausgabe an, was einem zu denken gibt. Geht es doch scheinbar weniger um den Gebrauchswert der Texte, als um die Befriedigung des linken Bücherfreaks, der die Kritik an seinem status quo in Leinen gebunden und vom Autor abgesegnet in seine Bücherwand einsortieren kann.
Aus: Plärrer. Stadtmagazin für Nürnberg, August 1987